Streifzüge, Heft 71

Medieninhaber und Herausgeber: Kritischer Kreis – Verein für gesellschaftliche Transformationskunde
Offenlegung: Der Medieninhaber ist zu 100 Prozent Eigentümer der Streifzüge und an keinen anderen Medienunternehmen beteiligt. Grundlegende Richtung: Kritik-Perspektive-Transformation
Redaktion (zugleich Mitglieder des Leitungsorgans des Medieninhabers): Lorenz Glatz, Severin Heilmann, Franz Schandl, Martin Scheuringer, Ricky Trang, Klaus Weichtier, Maria Wölflingseder, Petra Ziegler; Covergestaltung: Isalie Witt; Layout: Françoise Guiguet
Transformationsrat: Christoph Adam (Santiago de Compostela), Dora de la Vega (Cordoba, Argentinien), Peter Klein (Nürnberg), Paolo Lago (Verona), Neil Larsen (Davis, USA), Massimo Maggini (Livorno), Stefan Meretz (Berlin), Emmerich Nyikos (Mexiko-City), Erich Ribolits (Wien), Salih Selcuk (Istanbul), Gerburg Vermesy (Rimsting), Ulrich Weiß (Berlin)
Copyleft: Alle Artikel der Streifzüge unterliegen, sofern nicht anders gekennzeichnet, dem Copyleft-Prinzip: Sie dürfen frei verwendet, kopiert und weiterverbreitet werden unter Angabe von Autor/in, Titel und Quelle des Originals sowie Erhalt des Copylefts.
Druck: H. Schmitz, 1200 Wien

Einlauf Streifzüge 71

muss mich leider vorstellen von ams aus danke für ihr verständnis
Mehr hat der Absender dieses Mails nicht gebraucht. Der angeschriebene Unternehmer zeigte sich verständnislos wie auch das sofort verständigte AMS. Wenn das jeder machen würde. Soviel Dreistigkeit muss sanktioniert werden. Wo kommen wir denn hin, wenn Arbeitslose sich schon trauen, die Wahrheit zu schreiben? Dass es den Angehaltenen bei den meisten Bewerbungen ähnlich ergeht, darüber hat gefälligst geschwiegen zu werden. Gusch!, (...)

Beitræge

Alles Alte ist besser als alles Neue?

Reflexionen über die voranschreitende Auflösung des politischen Koordinatensystems

3

Das allgegenwärtige krisenbedingte Gefühl, dass etwas in Auflösung übergeht, dass verfestigte Strukturen und Lager in Bewegung übergehen und sich verflüssigen, hat längst auch die Sphäre des Politischen erfasst. Das etablierte politische Koordinatensystem rechts- und linksgerichteter politischer (...)


„Recht auf materielle Existenz“ statt „Recht auf Arbeit“

Zur Geschichte und Aktualität der Arbeitskritik

5

Zwei bahnbrechende Dokumente hat die neuzeitliche Arbeitskritik hervorgebracht. Das eine ist von 1880, das andere 120 Jahre jünger. Die öffentliche Wahrnehmung des Terminus von der „Krise der Arbeitsgesellschaft“ feiert 2017 ihren 35. Geburtstag. Publik gemacht auf einem Soziologenkongress 1982 (...)


Arbeit und Arbeitslosigkeit

Zusammenhang – Identität – Differenz – Konkretion

8

Was als Differenz gedacht wird, sollte auch als Identität gedacht werden. In den Grundrissen hat Karl Marx die Grundkonstellation Lohnarbeit-Kapital so beschrieben: „Die Arbeit ist nicht nur der dem Kapital gegenüberstehende Gebrauchswert, sondern sie ist der Gebrauchswert des Kapitals selbst. Als (...)


Leopoldine Evelyne Kwas:

Ich bin das Volk

11

Leopoldine Evelyne Kwas: Ich bin das Volk. edition a, Wien 2017, 139 Seiten, ca. 20 Euro Eine Rarität! Leopoldine Evelyne Kwas macht nicht das, was die allermeisten in ihrer Lage machen: sich zu verstecken und sich ihrer Armut zu schämen. Sie macht sich Luft! Sie schildert auf sehr plastische (...)


Arbeit 4.0

Ein Hype

15

Alles wird neu. Sogar der Kapitalismus im Kapitalozän. So alt kann die Megamaschine der kapitalistischen Landnahme gar nicht aussehen mit „Abstieg, Arbeitslosigkeit, Armut, Ausbildungsabbruch oder Auswanderung“ (um nur bei „A“ zu bleiben). Wenn wir schon bei „A“ im Kapitalverhältnis sind: (...)


Die Inquisition ist tot, es lebe das AMS

Ideologische Operationen zur symbolischen Rettung der Arbeitsgesellschaft

17

In Zeiten schwerer Systemkrisen verstärken sich meist die Anstrengungen zur ideologischen Rechtfertigung, ja zur Überhöhung jenes Zustands, der von Systemerhaltern zu bewahren versucht wird und der verunsicherten Masse Stabilität suggeriert. Die kompensatorische Überaffirmierung der schwankenden (...)


Wertvolle Wissenschaft: Das Fortwesen von Marienthal

18

Mit der Schicksalsfrage des modernen Warensubjekts in der Überschrift („If you are overqualified for your role, are you causing more trouble for your firm than you are worth?“) informiert uns die BBC über ein aufsteigendes Forschungsfeld der Wirtschaftswissenschaften („perceived overqualification“) (...)


Symptomatisch

21

Das AMS vermittelt den Absolventen eines Lehramtsstudiums an das Chocolate Museum Vienna, das didaktisch erfahrene Mitarbeiter für Führungen und Präsentationen sucht. Auf die Bewerbung per Email und mehrere Nachfragen erfolgt über Monate keine Antwort des Unternehmens, eine Telefonnummer ist weder (...)


„Den Wert der Stunde erleben“

Notizen zu einer überfälligen Abrechnung mit der Marienthal-Studie

22

Eine 29-jährige Frau aus Marienthal sagt, und ähnliche Aussagen aus Heidenreichstein und Schrems dürfen angenommen werden: „Wenn ich wieder in die Fabrik zurück könnte, wäre das mein schönster Tag. Es ist nicht nur wegen dem Geld, aber hier in seinen vier Wänden, so allein, da lebt man ja gar nicht.“ (...)


Die Vermessungen von Marienthal

23

Was wurde in dieser Studie tatsächlich gemessen? Vorgeblich die Niedergeschlagenheit angesichts des Verlustes des Arbeitsplatzes. Aber war es nicht auch, oder sogar primär, der Verlust des Einkommens? Damals wurde die Arbeitslosenhilfe ja nur für ein Jahr (oder so) ausbezahlt, dann wurde sie nach (...)


Arbeit, was sonst?

24

Marie Jahoda, Wie viel Arbeit braucht der Mensch? Arbeit und Arbeitslosigkeit im 20. Jahrhundert. Weinheim Basel: Beltz Verlag 1983 Insgesamt benennt Marie Jahoda sechs Funktionen der Erwerbsarbeit. Die manifeste Funktion zum einen ist der Gelderwerb; diese sei jedoch für das Leid in der (...)


Dead Men Working

Multi-Encephalonversagen

25

„Sanfter Terror vernichtet nicht weniger als harter Terror.“ – Diese Worte von Friedrich Heer prangen auf den Kulturplakatflächen der Stadt Wien. Für den Kultur- und Medienstadtrat Andreas Mailath-Pokorny sind die literarischen und philosophischen Zitate „wesentliche Literatur- und Leseförderung. Auf (...)


Critical employment studies

Gedanken zur Abwertung Arbeitsloser

26

Arbeitslosigkeit ist ein strukturelles Problem. Dennoch werden insbesondere Langzeitarbeitslose geächtet. Folgendes erörtert, auf welche Privilegien Arbeitende vertrauen können und warum kein Grundeinkommen vor der Diskriminierung rettet. „Arbeitslose erleiden mit dem Lohnausfall zugleich die (...)


In der Drangsalierung hängen

Beobachtungen und Notizen zu einem Arbeitslosen-Experiment im Oberen Waldviertel

29

Heidenreichstein ist eine verletzte Stadt. Vor allem nach dem Zusammenbruch der Industrie Ende der Siebziger-/Anfang der Achtzigerjahre hat sich der Ort im Oberen Waldviertel nie mehr richtig erholt. Dieser Wechsel von Aufstieg und Abstieg erfolgte als schroffer Bruch, der mental nur durch (...)


Unwiederbringlich

Zu Heines Gedicht „Die Lore-Ley“

33

Im Jahr 1848 beschreiben Marx und Engels in ihrem Manifest der Kommunistischen Partei die grundstürzenden Veränderungen, die in Deutschland und Westeuropa mit dem Siegeszug des Kapitalismus und der Herrschaft der Bourgeoisie einhergegangen sind. (In: Die Frühschriften, ed. Landshut, 1971.) In (...)


Immaterial World

Freiwilligkeit und Utopie

36

Freiwilligkeit ist nicht die Norm. Etwas freiwillig zu tun, schließt ungesagt mit ein, dass es normalerweise eine Gegenleistung oder gar ein Zwang ist, welche zur Tat anhalten. Es ist die Tauschlogik, die dahinter hervorlugt, und das setzt, was als normal gilt. Im Kapitalismus ist Freiwilligkeit (...)


Aus Ratlosigkeit weitermachen?

Mit Politik und Wirtschaft wird nichts besser

37

„Wenn Wahlen etwas änderten, wären sie längst verboten“, ob das nun von Rosa Luxemburg, Kurt Tucholsky, Emma Goldman oder sonstwem stammt, so falsch ist der Spruch nicht, und in kritischen Kreisen ist er auch ganz geläufig. Dass es dann aber wenig Sinn macht, Wahlen allzu große Bedeutung beizumessen (...)


Hart arbeiten?

40

Völlig unbeeindruckt herrscht in der politischen Arena der Jargon der Arbeit. Ob das der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll ist, der in der ihm eigenen Penetranz stets „Hart arbeiten“ plakatieren ließ, oder Kurzzeitkanzler Christian Kern, der im abgelaufenen Wahlkampf nicht (...)


Call for Papers 71

WWW

Gleich vorweg: wie immer sind auch Artikel zu anderen Themen willkommen, nicht nur Texte zum Schwerpunkt. Diese Ausgabe widmet sich dem Titel ArbeitsLOS Das Arbeitslos und die Arbeitslosigkeit könnte man durchaus als zentrale lebensweltliche Probleme der bürgerlich-kapitalistischen (...)