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Ich, der ich in der Wohnung sitze, sage: „Ich stehe in der Ziegelofengasse.“ – Warum das? Denn nicht ich stehe dort, sondern der Wagen, den ich fahre. Mit diesem „Ich“ identifiziere ich nicht nur das Auto als meines, mit diesem „Ich“ kategorisiere ich mich als das Auto selbst. Das Auto, das bin ich, (...)
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Mein Führerschein sieht aus, als hätte ich im vorhergehenden Jahrtausend eine allzu preiswerte Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen; schon das billige Porträtfoto aus dem Automaten vor dem Passage-Kaufhaus macht mich bei jeder Verkehrskontrolle zum Gespött der Kieberei. „Zeig’ her!“, sprachen (...)
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… die Voraussetzung dafür, jemanden guten Gewissens umzubringen, ist das grüne Licht der Ampel. (Theodor W. Adorno) Es war an einem dieser heißen Sommertage. Ich war mit dem Rad auf dem Weg zur Lahn, um schwimmen zu gehen. Ich hielt an einer Ampel an der Westanlage. Zwei schwarze Limousinen kamen (...)
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Das „Automobil“ sollte eigentlich „Auto-mobile“ heißen; ein Kunstwort, das aus dem altgriechischen „auto“ – selbst – und dem lateinischen „mobile“ – beweglich – zusammengesetzt ist. Gemeint ist mit diesem Begriff, den es erst seit gut hundert Jahren gibt, ein Fahrzeug, ein Wagen, vor den man kein Zugtier (...)
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Das Auto steht paradigmatisch für die moderne, bürgerliche Gesellschaft. Nachdem in der letzten Ausgabe der Streifzüge der Bürger zu beschreiben versucht wurde, ist es daher nur folgerichtig, nun das Auto zum Thema zu machen. Als zutiefst bürgerliches Ding kann es einen wichtigen Angelpunkt für die (...)
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Dem Auto begegnete ich Mitte der 50er-Jahre in Zell am See. Ein VW Käfer parkte plötzlich auf der Schmittenstraße, bei der Hausnummer 504. Es war ein VW Käfer, der vor allem dazu diente, den Stiefvater in der Zeller „Wertegemeinschaft“ vom „Zuagroastn“ zu einem angesehenen Mitglied der „gehobenen“ (...)
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Kinder genießen z.B. beim Schlittenfahren oder beim Schlittschuhlaufen das Gleiten und erleben Freude dabei, sich in Geschwindigkeit wahrzunehmen. Die Erfahrung der schnellen Bewegung ist das eine. Etwas anderes stellt eine kapitalistische Warenproduktion dar, in der solche Attraktionen ein (...)
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Die Natur baut keine Maschinen, keine Lokomotiven, Eisenbahnen … Sie sind Produkte der menschlichen Industrie; natürliches Material, verwandelt in Organe des menschlichen Willens über die Natur … Sie sind von der menschlichen Hand geschaffne Organe des menschlichen Hirns; vergegenständlichte (...)
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Der Kampf von „unten“ gegen „die da oben“ sorgt häufig bestenfalls dafür, negative „Spitzen“ oder Extreme zu verhindern. Das Schlimmste lässt sich im Erfolgsfall unterbinden, das Schlimme bleibt. Hinz geht und Kunz kommt. Oder umgekehrt. Wer dieses Spiel nicht unendlich fortsetzen will, tut gut daran, (...)
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Das Vorhandensein von Arbeitslosigkeit ist in kapitalistischen Gesellschaften eigentlich der Normalzustand. Während des 70-jährigen Bestehens der Bundesrepublik Deutschland betrug die Zeit der Vollbeschäftigung gerade einmal zwölf Jahre. Das war von 1961 bis 1973, ist also schon sehr lange her. (...)
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1. Die Herkunft eines Wortes und die Geschichte seiner Bedeutung helfen nicht selten zu klarerem Verständnis. So bewohnt und verteidigt schon dem Wortsinn nach der „Bürger“, der „Bourgeois“ die „Burg“, das feste Haus auf dem „Berg“, den Marktflecken, die selbstverwaltete Stadt(burg, die Akro-polis). (...)
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Wen wundert, dass die Dinge schlecht liegen. Immerhin tummeln sich auf Erden „Milliarden von Menschen, die ständig Wirtschaftswachstum betreiben …“. Eben habe ich es erst wieder gehört, im Ö1-Mittagsjournal, aus dem Mund einer Künstlerin, die sich ihrem Ansinnen nach kritisch mit unserer Gegenwart (...)
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Alle Artikel, sofern sie uns gefallen, sind publizierbar. Unsere nächste Ausgabe, die Nummer 81 beschäftigt sich in erster Linie mit dem AUTO Ein echter Bürger ist ohne Auto gar nicht zu denken. Wir haben mobil zu sein und wir haben zu fahren. Doch nicht nur um das Auto soll es gehen, wenngleich (...)
