Geboren am: 4. September 1926
Gestorben am: 2. Dezember 2002
Ivan Illich, geboren in Wien, lebte abwechselnd in Mexico City, Guernavaca, Berlin, Göttingen, ab und zu in Salzburg, selten in seiner Heimatstadt. Er war Professor an allen möglichen Universitäten und gilt als der bedeutendste Kulturphilosoph ökologischer Observanz.


Entmythologisierung der Schulpflicht
Eingeleitet und übersetzt von Gerhard Kornat, Bogotá
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Das ist machbar!

Es ist heute üblich zu fordern, daß die reichen Völker ihre Kriegsmaschinerie in ein Entwicklungsprogramm für die dritte Welt umwandeln mögen. Die ärmeren vier Fünftel der Menschheit vermehren sich in unkontrollierbarer Weise, während ihr Konsum ständig abnimmt. Dies ist bedrohlich und bleibt es, auch (...)

Ivan Illich, Exmonsignore (er verließ den Priesterstand, nachdem ihm das Hl. Offizium ein Inquisitorium von 93 haarsträubenden Fragen stellte (Wortlaut NF Mai 1969), Leiter des CIDOC-Instituts, Cuernavaca bei Mexico City, gehört zu den originellsten Theoretikern und Politikern der (...)

An Paul VI.

Zwei Drittel der Menschheit könnten es noch vermeiden, durch das Industriezeitalter hindurchzugehen. Sie müßten sich jetzt für eine Produktionsweise entscheiden, die auf einem postindustriellen Gleichgewicht beruht — für dieselbe, zu der die überindustrialisierten Staaten sich unter der Drohung des (...)

Die Symptome einer herannahenden weltweiten Krise sind unverkennbar. Überall forscht man nach ihren Ursachen. Ich für mein Teil schlage folgende Erklärung vor: Die Wurzel der Krise liegt im Scheitern des Grundstrebens unserer Zeit, nämlich des Versuchs, den Menschen durch die Maschine zu ersetzen. (...)

Die Ärzte sind zu einer ernsten Gefahr für die Gesundheit geworden. Depression, Infektion, Arbeitsunfähigkeit und Dysfunktion, von der Medizin hervorgerufen, verursachen heute mehr Leiden als alle Verkehrs- und Arbeitsunfälle zusammengenommen. Einzig der Schaden, den die industrielle (...)
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Das ist machbar!

Ivan Illich hat eine neue Theorie. Die „sanfte Technik“ wird schon von der Weltbank vereinnahmt, propagiert — also bricht der Prophet der Alternativen auf zu neuen Ufern. Es geht ihm um eine neue Lebensform, in der nicht mehr Waren produziert werden, sondern, nach dem Modell der Hauswirtschaft, (...)

Klapp off, Rom!
Während sich bei der offiziellen UNO-Veranstaltung die Militärdiktatoren der Dritten Welt um ein paar Brosamen vom Tisch der Multis balgten, während auf der zugehörigen Fachleutekonferenz im Wiener Eisenbahnerheim die Konsulenten der Weltbank Wissenschaft markierten, fand die einzig bemerkenswerte (...)

Schattenarbeit
Vor der Einführung der Lohnarbeit waren Frauen und Männer gleichberechtigt. Die Ökonomie des Kapitalismus und auch des Marxismus degradierte die Mühe der Frauen zur Schattenarbeit im Gefängnis des Haushalts, neuerdings mit einem kleinen Auslauf in schlecht bezahlte Jobs. Es leisten aber auch die (...)

Ivan Illichs neue Theorie der „Schattenarbeit“, daß sich hinter dem Mehrwertsektor eine Menge unbezahlter Plackerei in Haushalt, Verkehr usw. verbirgt, war kaum im FORVM skizziert (Jännerheft), erscheint es auch schon als Buch im Rowohltverlag, Hamburg. Diesmal definiert Illich die (...)

Ivan Illich‚ österreichisch-amerikanischer Kulturphilosoph, Priester, Vorreiter alternativen Lebens und Wirtschaftens, hat ein neues Buch in Arbeit, worin er für das echte Geschlecht und gegen ökonomisch ausgebeuteten »Sex« eintritt. — Günther Nenning hat übersetzt, in erweiterter Fassung erscheint der (...)

Die „Besänftigung“ der Produktionstechnik ist mehr als Naturschutz: Sie ist Forderung nach Gleichberechtigung und Autonomie. Es ist an der Zeit, „sanft“ nicht mehr mit „grün“ zu verwechseln, auch wenn die grüne Politik in der Praxis sich weitgehend für Besänftigung der naturgestaltenden Technik (...)

Das Streben nach Gesundheit wurde mit dem Aufkommen der Nationalstaaten zu einem öffentlichen Thema, als das Volk sich als Ressource, als „Population“ zu verstehen begann. Gesundheit wurde zu einer Qualitätsnorm für die Armeen, und, im Laufe des 19. Jahrhunderts, für Arbeiter; später auch für Mütter. (...)

„Das menschliche Leben“
Zur Abhängigkeit der modernen Wirklichkeit von den Bedürfnissen professionellen Managements und zur Mission der Kirche, mittels des Wortes Gottes über Fetische zu urteilen. Rede in Chicago Meine Damen und Herren. Am 1.Jänner 1988 wurde, wie Sie mir mitteilten, die Evangelisch Lutherische Kirche (...)

Gesundheit in eigener Verantwortung: Danke, nein!
Sie haben mich hierher eingeladen, obwohl sie sehr wohl wußten, daß ich ihrem Vorhaben widersprechen werde. Ich bin davon überzeugt, daß Gesundheit und Verantwortung einer verlorenen Vergangenheit angehören, und daß ich — da ich weder Romantiker, Phantast noch Aussteiger bin — auf beides verzichten (...)


Hager, fast ausgemergelt, braungebrannt und impulsiv macht Ivan Illich alles nur nicht den Eindruck eines katholischen Geistlichen. Der Sohn eines kroatischen Katholiken und einer spanischen Jüdin, der seit zehn Jahren das „Centro Intercultural de Documentacion“ (CIDOC) in Cuernavaca, 70 km von (...)

Das Elend der Entwicklung
Das Erdbeben in Mexiko am 19. und 20. September hat nach offiziellen Angaben 5.000 Todesopfer gefordert. Inzwischen weiß man allerdings, daß es mindestens 35.000 waren, die durch das Beben umgekommen sind, und daß etwa 250.000 Menschen ihr Obdach verloren haben, was die Regierung jedoch (...)

„Den größten Teil dessen, was wir wissen, haben wir alle außerhalb der Schule gelernt. Schüler lernen das meiste ohne ihre Lehrer und häufig trotz dieser. … Wie man leben kann, lernt jeder außerhalb der Schule. Wir lernen, sprechen, denken, lieben, fühlen, spielen, fluchen, politisieren und arbeiten, (...)

Ein Gespräch mit der emeritierten Professorin und Ivan Illich-Schülerin Marianne Gronemeyer. RM: Frau Gronemeyer, in Ihrem Vortrag zur „Macht der Bedürfnisse“ von 2011 kündigen Sie an, die Geschichte des Zaunes schreiben zu wollen. Was ist daraus geworden? MG: Der Geschichte des Zaunes bin ich (...)

Wir leben in einer effizienzversessenen Gesellschaft, die, um möglichst viel Output in kürzestmöglicher Zeit auszuspucken, alle Lebensvollzüge bis zur Raserei auf Trab bringt. Die alte Einsicht, dass alles, was gut getan sein soll, seine Zeit braucht, dass es ein angemessenes, stimmiges Verhältnis (...)

Noch bevor ich in meiner Schulzeit – neben viel belletristischer Literatur – Robert Jungk und Paulo Freire las, kreuzte ein allererster kritischer Denker meinen Weg. Es muss 1972 gewesen sein, als ich mit 14 Jahren erstmals von Ivan Illich hörte. Mein Vater – in seinen katholischen Kreisen im (...)

Aus dem Buch „Ivan Illich – Sein Leben, sein Denken“ von Martina Kaller-Dietrich, Professorin für Geschichte an der Universität Wien, lernen wir auch seine bis dahin wenig bekannte Kindheit und Jugend kennen. 1926 in Wien geboren, wuchs er die ersten sechs Jahre im dalmatinischen Split und auf der (...)

Morbide Gesellschaft und Ritualisierung der Krise Das Medizinsystem macht krank, so lautet die Kernthese eines Buches, das Mitte der 1970er Jahre in zahlreichen Sprachen erschienen ist. Im Deutschen hat es den Titel Die Nemesis der Medizin. Die Kritik der Medikalisierung des Lebens; darin (...)