Streifzüge, Heft 33
März
2005
2000 Zeichen abwärts

Dazugehören

Vorerst war es nur ein unscheinbarer Brief der Arbeiterkammer Wien. Eingeladen wurde zu einem Bibliotheksgespräch. Doch dann wurde ich stutzig: „2005 – ArbeitnehmerInnen gehören dazu“, stand da unten in einer Art Laufbalken zu lesen. Ich will mich hier gar nicht erst über den falschen Arbeitnehmerbegriff echauffieren (vgl. zuletzt Streifzüge 3/2003, S. 13), auch wenn er diesmal ganz geschlechtsneutral voll auf der Höhe der grammatical correctness agiert. Unsinnbleibt Unsinn. In den folgenden knappen Zeilen geht es ausschließlich um die Ungehörigkeit der Zugehörigkeit. Dechiffrieren wir: Einerseits ist da das Gefühl, nicht mehr dazuzugehören(wozu sonst dieser hilflose Aufruf), andererseits ist es der hartnäckige Seufzer der bedrängten Kreatur, doch bitte, bitte, bitte dazuzugehören. Der Ausschluss wird zwar als bitter empfunden, aber er will gar nicht erst zur Kenntnis genommen werden. Nein, wir gehören dazu, lasst uns doch mitmachen. Das eliminierende System der Marktwirtschaft bleibt unangesprochen und unangetastet. Nicht das Ausschließende wird bekämpft, sondern der Ausschluss. Das Müssen rekapituliert sich im Verblendungszusammenhang als ein Wollen. Es kapiert nicht, es kapituliert. Die ideologische Drohbotschaft wird brav rapportiert. So offenbart sich in einem scheinbar harmlosen Logo das ganze Dilemma der Arbeiterbewegung. Zweifellos, sie hat gekämpft dazuzugehören, und sie hat erreicht dazuzugehören. Nun allerdings ist dieser elende Glückszustand nicht länger haltbar. Nun wird ebendieser Status des Dazugehörens immer mehr Dazugehörigen verweigert. Nun stellt sich wie so oft die unermüdliche Frage: Klagen wir das ein oder schaffen wir das ab?

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