ZOOM 6/1997
Oktober
1997

Festung Europa auf der Anklagebank

Dokumentation des Basso-Tribunals zum Asylrecht in Europa

Basso-Sekretariat Berlin (Hrsg.), Westfälisches Dampfboot, Münster 1995, 292 S, öS 145,—

Bis zuletzt bestand zwischen Deutschland und Österreich ein Streit um den Status als voll­wertiges Mitglied beim Schengener Abkom­men. Deutschland wollte Österreich diesen Status noch nicht zuerkennen, da die Ost­grenzen noch nicht „sicher“ genug seien. Was sich hinter diesem Wort „sicher“ verbirgt, ist eine seit Jahren betriebene Politik der Festung Europa. Das Basso-Sekretariat Berlin hielt vom 8.-12. Dezember 1994 eine symbolische Gerichtsverhandlung ab, in der die Asylpolitik der Europäischen Union, die bekanntlich in erster Linie von den Schengenländern vorangetrieben wird, angeklagt wurde.

In der vorliegenden Dokumentation des Tri­bunals kann man/frau die Anklage nachlesen, die sich am Bruch des internationalen Flücht­lingsrechts (in einem eigenen Beitrag darge­stellt) und der Menschenrechte durch die ge­genwärtige Asylpolitik orientiert. Die Anklage wird untermauert von Zeuginnenaussagen, teils von Flüchtlingen, teils von Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen aus Frankreich, Spanien, Deutschland und der Schweiz.

Expertenberichte gehen den Ursachen von Flucht nach und analysieren die abschotten­den Reaktionen der westlichen Länder.

Auch das Plädoyer der Verteidigung ist sehr aufschlußreich in bezug auf die aktuelle Flücht­lingspolitik. Sie betonte einerseits, daß die über­mäßig restriktive Auslegung der Genfer Flücht­lingskonvention keinen Rechtsbruch darstelle, da sie sich im Rahmen der international übli­chen Praxis bewege, und wies auf die Bemühungen der EU-Staaten hin, gegen Ten­denzen des Rassismus vorzugehen. Eine strikte Asylpolitik sei gerade deshalb notwendig, um die Belastung der Bevölkerung in den einzel­nen Ländern in Grenzen zu halten.

In seinem Urteil kommt das Tribunal zum Schluß, daß die Abschottungspolitik der EU- und EFTA-Staaten gegen internationales Recht verstößt, zu dem sich die Staaten verfassungsrechtlich verpflichtet haben, und sy­stematisch die Rechte von Asylsuchenden und Flüchtlingen verletzt.

Abgerundet wird der Band durch einen Bei­trag zum Asylrecht in Osteuropa und einen sy­stematischen Überblick über die asylrechtlichen Standards in den EU-Staaten.

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