ZOOM 4+5/1997
Juni
1997

Im Namen der Gleichbehandlung

Mit einer unangenehmen Regelmäßigkeit flammte in den letzten Jahren immer wieder die Diskussion um Frauen im Heer auf. Bisher zündelten die Männer nur kurz und heftig, um nach dem Warmwerden der Frauen sich ebenso plötzlich wieder vollbefriedigt zurück zu lehnen und mit einem völlig verblödeten Lächeln einzuschlafen. Jetzt ist der freiwillige Dienst für Frauen beschlossene Sache.

Die Werbekampagne „Frauen ins Heer“ wird im Namen der Gleichbehandlung geführt. Die Werbestrategie lautet Sexismus: Pin-up-Kalender mit halbnackten Soldatinnen und Weckdienste der Miss Austria für Jungmänner. In unglaublich entblößender Weise werden Ausgehuniformen zukünftiger „Wehrfrauen“ in Miniröcken und Stöckelschuhen präsentiert.

Die KoalitionspartnerInnen haben sich, unterstützt von LIF und FPÖ, für eine Öffnung des Heeres für Frauen geeinigt. Die anfänglichen Bedenken der neuen Frauenministerin Prammer scheinen verflogen zu sein. Detailfragen müssen noch geklärt werden. Klar sind die Bedingungen der freiwilligen Basis und des Zugangs zu allen Dienstgraden. Gleichzeitig veröffentlicht die Offiziersgesellschaft laufend Untersuchungen über die Vorteile und die Unverzichtbarkeit von Frauen im Heer. Der Verein „Frauen freiwillig ins Heer“ läßt sich für militärische Zwecke instrumentalisieren und gut verkaufen. Denn es sind tatsächlich nur wenige Frauen, die dem Heer dienen wollen. Es ist Skepsis angeraten, wenn Militaristen sich plötzlich mit den Wünschen einer weiblichen Minderheit beschäftigen.

Heeresminister Fasslabend will „den Frauen die Möglichkeit bieten, freiwillig zum Heer zu gehen, wie dies bereits in den meisten Armeen der der Welt praktiziert wird“ (APA 12.12.1996). Weiters, meint er, „werden sich Frauen positiv auf das Bundesheer auswirken, da sie ihr eigenes Verhalten einbringen werden“. (APA, 3.4.1997) Daß sich die Anwesenheit von Frauen positiv auf die Truppenmoral auswirken könnte, hat schon Goebbels in seinen Tagebüchern festgestellt. Er forderte, weibliche Soldaten einzustellen, damit den Männern die Lust am Retirieren (Rückzug) vergehe. (antimilitarismus information, Okt. 1994)

Es geht also nicht darum, daß Frauen „ihr eigenes Verhalten einbringen“, was in dieser militärischen Hierarchie ohnehin unmöglich ist, sondern um das Aufrechterhalten der militärischen Struktur. Außerdem kann ein Heer, das sich in solch demokratischem Licht zeigt, mit breiterer Unterstützung rechnen.

Von Mitgestaltung kann nicht die Rede sein, geschweige denn von einer Gleichberechtigung von Frauen. Das zeigt der Blick auf andere Armeen, in denen Frauen vor allem in traditionell weiblichen Bereichen eingesetzt werden: In der Versorgung, im Stabs-, Sanitäts- und Fernmeldedienst. Generell erhalten sie zwar eine Waffenausbildung, dürfen ihre Waffe in vielen Fällen nur zur „Selbstverteidigung“ einsetzen. Aber Karriere machen nur diejenigen, die die Waffe beherrschen und sie auch auf Befehl einsetzen. So gibt es nur einige wenige weibliche Vorzeigeoffiziere.

Kriegsvorbereitende Tätigkeiten werden als normale Berufe angepriesen, die ohnehin schlechte Arbeitsmarktsituation für Frauen wird durch die Propagierung angeblicher Karrieremöglichkeiten innerhalb des Militärapparates ausgenutzt. Die Öffnung des Heeres für Frauen betrifft alle: Frauen wie Männer. Ist das Heer erst einmal als normaler Arbeitgeber anerkannt, kann es sein, daß Arbeitslose ein Dienstangebot vom Heer annehmen müssen. Tun sie das nicht, kann ihnen das Arbeitslosengeld gekürzt oder gestrichen werden.

„Statt Frauen zum Heer, Männer an den Herd“
Palatschinkenschupfen — Aktion der Grünalternativen Jugend

Die MilitaristInnen gewinnen an Boden. Mit dem Einbauen von Frauen in militärische Strategien wird militärische Macht ausgedehnt, die Gesellschaft zunehmend militarisiert. Während das Sozialsystem abgebaut wird, wird das Heer aufgerüstet. Eine Zusammenarbeit mit der NATO erfordert technische Neuerungen und eine Professionalisierung des Heeres. Die Fragen der zukünftigen österreichischen Sicherheitspolitik und der Finanzierung des Sozialstaates sind politisch nicht geklärt, zumindest nicht offiziell. Berufsheer oder Wehrpflicht oder beides? Beitritt zu Militärpakten oder Neutralität oder beides? Es ist mit Sicherheit kein Zufall, daß gerade in der Diskussion um diese Punkte Frauen einbezogen und eingezogen werden sollen.

Die Öffnung des Heeres für Frauen in Österreich ist in jedem Fall der erste Schritt zu einer Verpflichtung für ein ’„soziales Jahr“’. In Deutschland wird unter dem Schlagwort „Gemeinschaftsdienstpflicht“ eine Wehrpflicht für Frauen diskutiert. In Österreich fordern ÖVP- und FPÖ-PolitikerInnen schon lange einen verpflichtenden sozialen Dienst.

Die Ausdehnung militärischer Macht mit ihren Strukturen von Unterordnung, Disziplin, Unterwerfung und „Entmenschlichung“ ist abzulehnen, ebenso der Versuch, den Militärapparat von innen „verschönern“ zu wollen. Die Entscheidung über Krieg und Frieden wird nicht innerhalb des Heeres getroffen, schon gar nicht in den Funktionen, die Frauen zugewiesen bekommen.

Es gilt, die Verbindung beziehungsweise das gleichzeitige Auftreten von Patriarchat, Herrschaft und Krieg sowie frauenfeindlicher Propaganda und die militärische Ausbeutung der Frau als Hilfskraft aufzuzeigen. Männerbünde bleiben Männerbünde, auch wenn vereinzelt Frauen zugelassen werden.

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