Grundrisse, Nummer 50
Mai
2014

„Tendenz zeigt Tendenz“

Eine Replik auf die Kritik von Roman Danyluk und Stefan Junker

„Einzige wahrhaft proletarische Regierung“ — Räte als Alternative zu den Bolschewiki, Beispiele Baku und Aschchabad

Am 31. Juli 1918 siegten in Baku, der Hauptstadt der Erdölförderung des ehemaligen Russischen Reiches, die Räte über die Bolschewiki. Genauer genommen haben die Fraktionen der Sozialrevolutionäre, der Menschewiki (Sozialdemokraten) und der armenischen national-sozialrevolutionären Partei „Daschnakzutjun“ sich erst am 25. Juli im Rat der Kommune von Baku mit ihrem Vorschlag durchgesetzt, die britischen Truppen aus Persien zur Verteidigung der Stadt gegen die türkische „Kaukasische Islam-Armee“ zu Hilfe zu rufen. Der bolschewistische Rat der Volkskommissare (die Regierung der Kommune) ist daraufhin zurückgetreten. An der Stelle der Volkskommissare regierte nun ein neues Gebilde, das sich offiziell „Zentralkaspische Diktatur“ nannte. „Zentralkaspij“ war die Abkürzung für das Zentralkomitee der Kaspischen Militärflottille, einem im November 1917 gewählten Vertretungsorgan der Matrosen, welches nun das Provisorische Exekutivkomitee der Sowjets von Baku stütze. Die ehemalige bolschewistische Regierung versuchte zwar per Schiff mit etlichen Geschützen in das von der Roten Armee kontrollierte Astrachan zu fliehen, wurde aber gewaltsam zur Rückkehr gezwungen und inhaftiert. Beide Seiten hatten durchaus plausible Gründe für ihr Handeln. Die „Kommune von Baku“ wurde seit der blutigen Niederschlagung der aserbaidschanischen „Müsavat“-Partei in März 1918 von einer Koalition zwischen Bolschewiki und Daschnaks regiert. Die türkische Offensive fand unter der muslimischen Bevölkerung von Aserbaidschan und Dagestan viel Zustimmung. In Baku befürchtete die armenische Bevölkerung die Rache für die März-Ereignisse (zurecht, wie die Zukunft zeigen sollte) und sah keine Alternative zu einem Hilfsappell an die Entente. Der bolschewistische Rat der Volkskommissare war zum einem gebunden an den Vertrag von Brest-Litowsk — jegliche Kooperation mit der Entente könnte einen neuen Angriff der Mittelmächte nach sich ziehen. Zum anderen hatten sie strikte Anweisung aus Moskau, das dringend benötigte Öl zu verteidigen. Der Versuch der Kommissare zumindest Geld und Waffen nach Sowjetrussland wegzuschaffen, wurde als Verrat gedeutet – Arbeiter und Matrosen wandten sich von den Bolschewiki ab. Bereits am 4. August begann die Landung der britischen Truppen in Baku, die jedoch nicht verhindern konnten, dass die Stadt am 15. September von der Islam-Armee eingenommen wurde. In den eineinhalb Monaten der zentralkaspischen Räteregierung in Baku agierten nach wie vor Gewerkschaften und Fabrikkomitees, die den neuen Kurs mittrugen. Die Briten akzeptierten ihrerseits die Existenz der Räte. [1] Als „Zentralkaspij“ schon dabei war die Flucht aus Baku anzutreten, kamen die Kommissare frei, doch es gelang ihnen nicht ein Schiff nach Astrachan zu finden. Der von Moskau zu Hilfe gesandte Anarchist Fjodor Drugow musste selber fliehen, weil die Matrosen seines Schiffes gegen die Bolschewiki meuterten. [2] Die Mannschaft des Dampfers „Turkmen“ mit den Kommissaren von Baku am Bord lenkte (aus bis heute nicht ganz geklärten Gründen) nach Krasnowodsk (heute Türkmenbasy).

Dort herrschte bereits seit dem 11. Juli 1918 eine weitere antibolschewistische Räteregierung — die „Transkaspische Provisorische Regierung“ (TPR). In Zentralasien hatten die Bolschewiki von Beginn an einen schweren Stand, da sie unter den Einheimischen kaum Anhänger hatten, während die russischen Eisenbahnarbeiter einen eher gemäßigten Sozialisten unterstützen. Als im Sommer 1918 die ersten Schritte zur Mobilisierung in die Rote Armee eingeleitet wurden kam es erst zu Streiks und später, nach Repressionen der bolschewistischen Regierung, zu bewaffneten Unruhen. Das von den Sozialrevolutionären und Menschewiken dominierte Streikkomitee übernahm faktisch die Macht. Die Transkaspische Provisorische Regierung war eigentlich ein Exikutivkomitee der Räte, angeführt von dem Lokomotivführer Fjodor Funtikow, Mitglied der Sozialrevolutionäre. Bereits am 21. Juli kontrollierte die TPR fast das gesamtes Territorium vom heutigen Turkmenistan. Zwei Tage später wurden die neun „Aschchabader Kommissare“ hingerichtet, am 20. September ebenso die Kommissare von Baku und diejenigen, die dafür gehalten wurden. 26 Passagiere von „Turkmen“ wurden erst festgenommen und dann ohne Verfahren geköpft. Der sowjetische Heldenmythos der „26 Bakuer Kommissare“ war geboren. Die Transkaspische Regierung sah sich nach wie vor als Räteregierung, es gab keine Minister, sondern Kommissare, es gab keine Einteilung in Legislative und Exekutive. Die sowjetischen dissidentischen Historiker Michail Heller und Alexander Nekritsch nannten die TPR mit Häme „einzige wahrhafte proletarische Regierung im revolutionären Russland“. [3] Die Zusammensetzung war in der Tat „proletarischer“ als bei der Baku-Kommune. Nur ein einziger Kommissar hatte einen Hochschulabschluss. Die TRP konnte zumindest anfänglich verschiedenste gesellschaftliche Kräfte hinter sich bringen. Sowohl russische Liberale aus der Partei der „Konstitutionellen Demokraten“ (Kadeten), als auch aus dem Kaukasus geflohene armenische Daschnaks, als auch ehemalige Offiziere, als auch turkmenische Stammesführer akzeptierten zuerst die Regierung des Streikkomitees der Eisenbahnarbeiter. Jedoch war die TRP, genauso wie „Zentralkaspij“ von Anfang an auf die Hilfe der Entente angewiesen. Schon am 28. Juli wurde die britische Militärmission um Unterstützung angefragt und am 19. August ein Bündnis geschlossen, welches britischen Truppen den Einmarsch in Zentralasien ermöglichte. Anderes als in Baku waren die Briten nicht lange bereit die Räteregierung zu dulden. Im September plädierte TPR schon für die Einberufung der Konstituierenden Versammlung (also einer Rückkehr zum Parlamentarismus) und die Sowjetstrukturen waren von da an nur noch geduldet, verloren aber ihre wirtschaftlichen Funktionen. [4] Am ehesten war ihre Rolle mit der heutigen Arbeiterkammer vergleichbar. [5] Nachdem es zu Arbeiterunruhen in Aschchabad kam, ließ der britische General Wilfred Malleson die TPR am 19. Januar 1919 auflösen und einige Mitglieder verhaften. Die neue Regierung war zwar deutlich weiter rechts, aber auch sie musste am 20. März auf Druck der Briten vom „Delegiertentag der Vertreter der Städte, Bauern und Gewerkschaften“ neugewählt werden. Erst nachdem die Briten aus Zentralasien Mitte 1919 abzogen, hat sich die Regierung endgültig den „Weißen“ unter General Denikin untergeordnet.

Die Geschichte des Kampfes der Räte gegen die Bolschewiki in der Region war aber damit noch nicht beendet. Am 18. Januar 1919 brach in Taschkent ein Aufstand gegen die Bolschewiki los. An der Spitze standen der Konstantin Osipow, Kommandierende der Truppen der Turkestanischen Autonomen Sowjetrepublik, und Wasilij Agapow, der Kommissar der Eisenbahnwerkstätte — beide Bolschewiki seit vorrevolutionärer Zeit. Im Bündnis mit ehemaligen zaristischen Offizieren sollten die Differenzen zwischen aus Moskau entsandten und lokalen bolschewistischen Kadern ausgenutzt werden — ähnlich wie in Aschchabad waren die Arbeiter vor Ort zunehmend unzufrieden. Der Plan die Arbeiter auf die Seite der Rebellion zu ziehen, scheiterte aber an der Position der militärischen Fraktion der Aufständischen. Die geheime Organisation der Offiziere war nicht bereit, das Weiterbestehen der Räte auch ohne Bolschewiki zu akzeptieren. Der Aufstand brach nach zwei Tagen zusammen. Die Eisenbahnarbeiter wandten sich nach anfänglichem Zögern gegen Osipows Rebellen. [6] Paradoxerweise waren es die loyal gebliebenen linken Sozialrevolutionäre, die in Taschkent „Räte mit Bolschewiki“ gegen „Räte ohne Bolschewiki“ (von den Abweichlern der Partei selbst gefordert) verteidigten. [7] Die Geschichte des Osipow-Aufstandes zeigt, dass auch nach der Erfahrung der Transkaspischen Provisorischen Regierung die Parole „Räte ohne Bolschewiki“ für die Arbeiter in der benachbarten Region anziehend wirkte.

Weshalb ist an diese Stelle die Geschichte des Kampfes gegen die Bolschewiki im Namen der Räte skizziert? Zunächst um zu zeigen, dass die Probleme der Räte in der Russischen Revolution real etwas anderes waren, als es sich oft vorgestellt wird und um Stefan Junker auf seine Frage, mit welcher Berechtigung die Bolschewiki sich die Räte untergeordnet haben, Antwort zu geben. Sie hatten nicht vor, den Bürgerkrieg zu verlieren. Man kann ihr Programm ablehnen, ihre Herrschaftspraktiken anprangern, ihre Theorie kritisieren — aber es ist eine zutiefst alberne Erwartung, sie hätten ihre gewaltsam errungene Macht dem abstrakten Prinzip der Räte geopfert. Aber es geht bei der Debatte über die Räte um wesentlich mehr, als um eine Bewertung der Geschichte. Es geht eher um ein fundamentales Problem der linken Vorstellungen: nämlich wie die eigene Programmatik zum Wollen der Mehrheit steht.

Projektion und Widerspruch

Bolschewiki sind die beliebteste Negativfolie der linken Selbstpositionierung. Oft hat es wenig mit theoretischer Kritik oder historischer Analyse zu tun, sondern ist nur kitschige Verklärung aller Kritiker und Gegner, die den Ruf haben, irgendwie linker als Lenin und seiner Partei zu sein. Rosa Luxemburg, Kronstädter Matrosen, Machnos Bauernarmee und Rätekommunisten sind im eklektischen linken Märtyrerpantheon aufgenommen und fristen dort ihren Dasein, geschützt von ernsthafter Kritik durch das Prädikat „irgendwie sympathischer als Lenin“. Werfen wir doch mal ein Blick auf die Prämissen der Bolschewiki in Bezug auf Demokratie. Lenin sah Demokratie recht unverblümt tatsächlich als eine Herrschaftsform an. Selbstverständlich gibt es dort immer Gewinner und Verlierer. Er ging davon aus, dass „es in der kapitalistischen Gesellschaft in jedem kritischen Moment (...) allein entweder die Diktatur der Bourgeoisie oder die Diktatur des Proletariats geben kann“. [8] Demokratie stand für ihn gar nicht im Widerspruch zu Diktatur. Seine Kritik an der parlamentarischen Demokratie war, dass sie in Wirklichkeit die Diktatur einer Minderheit sei, währenddessen die »Diktatur des Proletariats« eine richtige Demokratie wäre, wo die wirkliche Mehrheit eine Diktatur über die Minderheit ausüben wird. Zugleich hat die teleologische Geschichtsgläubigkeit die Bolschewiki zur Annahme geführt, dass es ja nur eine Frage der Zeit sei, bis die Mehrheit sich mit richtigen Erkenntnissen bewaffnet und sich dem Sozialismus anschließt. Die relative Leichtigkeit ihres Sieges 1917 erschien ihnen als Bestätigung ihrer Einsicht in die Gesetze der Geschichte. Doch 1918 trat etwas ein, was in den Theorien, in denen das „Sein das Bewusstsein“ prägen sollte, nicht vorgesehen war: Die massenhafte Abwendung der Basis des „Arbeiter- und Bauernstaates“ von der Partei, welcher diesen Staat proklamierte. [9]

Die linke Geschichtsschreibung, soweit diese kritisch gegenüber der Sowjetunion eingestellt ist (und das ist sie heute größtenteils), wählt meist eine bequeme Erklärung. Bolschewiki waren autoritär und haben die besseren sozialistischen Konzepte im Keim erdrosselt. Wäre „Spontanität der Massen“ am Werk gewesen, wäre anstelle des bolschewistischen „Kriegskommunismus“ bestimmt etwas erblüht, was den heutigen undogmatischen Linken besser gefallen hätte. Dieser Punkt ist leider nicht viel mehr, als das Ergebnis einer Projektion. Die Linken, die so argumentieren, versuchen ihre eigenen Ideale als Wunsch der Mehrheit darzustellen. Man könnte auch nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass die Ideen der Linken weder durch die historische Entwicklung die Mehrheit ergreifen, noch als spontaner Instinkt oder Trieb bei jeder sozialer Bewegung entstehen und daher jede Menge Überzeugungsarbeit nötig ist. Aber für die dogmatisch undogmatischen Linken, wie Stefan Junker, wäre dies autoritär.

Junker schreibt:

Ewgeniy Kasakow unterstellt hier dem (linken) Rätewesen, dass es nur Entscheidungen akzeptiere, die im Interesse ihrer theoretischen Präsumptionen liegen. Das wäre bolschewistisch gedacht, stimmen die Räte für die Parteilinie, sind sie unterstützenswert, wenn nicht, nicht. Aber wer ist es hier, der oder die sucht? Theoretisierende Linke oder die Arbeitenden in ihren revolutionären Erhebungen selbst?

Wenn „theoretisierende Linke“ die „Arbeitenden“ (zu denen diese anscheinend per se nicht dazu gehören) nicht kritisieren dürfen, weil sie ja gerade „in ihrer revolutionärer Erhebung“ sind (was nie so ganz ohne Theorie von statten geht), folgt daraus nur devotes Bejahen von allem, was die „Selbstorganisation“ so hervorbringt. Inklusive deren Selbstaufhebung. Das geht bei Junker soweit, dass er fast bei der alten, guten Geschichtsgläubigkeit angelangt ist. „Räte, Sowjets usw. sind keine Alternative für das politische System der bürgerlichen Gesellschaft. Sie sind vielmehr ihr revolutionärer Gegenentwurf. […] Die geschichtliche Tendenz moderner Revolutionen zeigt die Tendenz, dass die ökonomische Umwälzung mit freier Assoziation in genossenschaftlich organisierte Arbeit ihren Ausgang nimmt.“ Es ist nicht bolschewistisch, sondern schlicht politisch gedacht, dass kaum jemand Gremien unterstützen würde, welche ein entgegengesetztes politisches Programm umsetzt. [10] Man kann es als autoritär, elitär oder „eduktionistisch“ [11] abstempeln, aber in Wirklichkeit haben auch die größten Antidogmatiker ziemlich klare Vorstellungen davon, was sie für politisch richtig oder falsch halten. Ganz dogmatisch erlaubt man sich doch „theoretische Präsumtionen“ (um bei Junkers Wortwahl zu bleiben), dass Lohnarbeit nicht das Beste für Lohnabhängigen sei, Abschiebungen zu stoppen und Sarrazin-Lesungen zu stören sind. „Mit welcher Berechtigung?“ — könnte Stefan Junker jetzt fragen.

Aufklärung = autoritär? Selbstorganisation = Wert an sich?

Stefan Junker hat in den Grundrissen Nr. 45 einen Artikel veröffentlicht, der einen wichtigen Beitrag zur Systematisierung verschiedener historischer Räteformen leistet. Zugleich beinhaltet der Artikel jedoch einige fatale programmatische Vorschläge.

Es ist ein tief verwurzelter Irrtum zu glauben, das Handeln der Menschen sei durch ihren bewussten Willen bedingt, dass alles was sie tun, zuerst von ihnen gedacht werde. Sigmund Freud hat mit diesem Mythos aufgeräumt und gezeigt, wie bedeutend das Unbewusste in das menschliche Handeln hineinmische und nicht selten bewusste Absichten konterkariere. Trotzdem spielt das Bewusstsein eine bestimmende Rolle für die Lebensentscheidungen, nur ist es häufiger nicht so sehr die Ursache des Handelns als Folge. Nicht selten merkten die Revolutionäre erst nach der Revolution, dass sie eine Revolution gemacht hatten. Die Revolution schuf das revolutionäre Bewusstsein, nicht umgekehrt revolutionäres Bewusstsein die Revolution. [12]

Freud hat zwar das Unbewusste entdeckt, nie aber affirmativ als Alternative zum Bewusstsein gefeiert. Sein Wahlspruch war bekanntlich: „Wo Es war, soll Ich werden“. Das Unbewusste hat wesentlich etwas mit Trieben zu tun, nicht einfach irgendwie mit allem, was man nicht so recht weiß. Um Triebe im Freudschen Sinn, d.h. Wünsche, Sexualität etc., geht es in dem Zitat nun wiederum nicht wirklich. Ein Moment des Wahren ist ja an den letzten beiden Sätzen von Junker daran: Die Praxis der Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg war wahrscheinlich revolutionärer als die recht schlichte Theorie. Umgekehrt würde es noch mehr stimmen: Nicht selten merkten die Revolutionäre erst nach der Revolution, dass sie keine Revolution gemacht hatten. Das hat aber weniger mit „dem Unbewussten“ — d.h. weniger mit dem Freudschen als dem Marxschen Unbewussten (sie wissen das nicht, aber sie tun es). Junker benutzt Freud nun, um die Räte zu retten — das Argument ist ja: In den Räten spiegele sich das Interesse der Arbeiterschaft wider — das Interesse ist der Trieb der Arbeiter, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung zu errichten. „So verschieden die Namen auch waren, sei es als Arbeiterräte, Betriebsräte, Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten, Fabrikräte, Kollektive oder Kooperativen, so finden sich in ihnen die Interessen der Arbeitenden wieder. In den unterschiedlichen Namen drücken sich nur die unterschiedlichen politischen und historischen Erfahrungen der jeweiligen Arbeiterinnen und Arbeiter aus. All diesen Formen gemein ist hingegen der Trieb, eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und ohne Ausbeutung zu errichten, mit anderen Worten eine Gesellschaft ohne Klassen. Dabei spielt es gar keine so große Rolle, ob den Akteuren im Augenblick ihres Handelns die historische Dimension ihrer Aktion bewusst ist oder nicht.“ Abgesehen davon, dass die Freudsche Theorie gerade zeigt, dass nicht unmittelbar „ein Trieb“ die Geschichte lenkt, und schon gar nicht per se ein Trieb nach Glück, gibt es bei der These ein weiteres Problem. Junker versucht allen „Kollektiven“ einen Trieb gegen Unterdrückung zu unterstellen — dagegen ließe sich einwenden, dass historisch gesehen die meisten Kollektive vielmehr schlussendlich gegen diesen von Junker angenommenen „Interesse-Trieb“ agierten. Junker nimmt zwar an, dass „[d]as Rätewesen darum verstanden werden [kann], wenn von einer umfassenden Umgestaltung der Produktionsverhältnisse ausgegangen wird, hin zu einer Gesellschaft ohne Lohnarbeit und mithin ohne Klassen.“ Aber es geht nur, wenn man beharrlich ignoriert, wie oft die historischen Räte mit solchen Zielsetzungen nichts anfangen konnten.

Junkers Ausführungen zeigen, wie mythisiert inzwischen bei den Linken der Begriff der „Selbstorganisation“ ist. Wichtiger als Programme erscheint die Tatsache, dass etwas selbstorganisiert ist. Aber das Prädikat „selbstorganisiert“ verdienen nur solche Handlungen, die den linken Lobsängern der Selbstbestimmung passend erscheinen. Stefan Junker schöpft den Verdacht, das für mich „das Vertrauen, Menschen würden sich in Freiheit und Demokratie für ihre Interessen entscheiden, als eitler Wunsch zu gelten habe. Aber wie sollte es denn anders gehen? Wer sollte denn anstelle der Betroffenen die Entscheidungen treffen?“ Man kann aber nicht so tun, als wäre man per se mit allem einverstanden, was „die Betroffenen“ (was eine sehr unpräzise Kategorie ist) wollen. Messianischer Glauben an die aufständische Spontanität und Selbstorganisation ist keinen Deut besser als der Glaube an die durch die Geschichte ermächtigte, unfehlbare Partei, mit dem er genealogisch verwandt ist. Da Aufklärung für Stefan Junker anscheinend gleichzusetzen ist mit einer Minderheitsdiktatur über die Nichtaufgeklärten (und eben nicht die Beseitigung dieses Unterschiedes), ist er als besonderes radikaler Demokrat bereit, für eine Verfahrensweise zu plädieren und sich nicht mit möglichen Ergebnissen auseinanderzusetzen. In kritischer Auseinandersetzung mit dem demokratischen Verfahren wittert Junker sofort ein Plädoyer für eine Diktatur: „Weil die arbeitenden Menschen zu dumm, zu ungebildet, zu verführt usw. seien, ihre eigenen Interessen ernst zu nehmen, darum musste die durch den Marxismus geschulte Avantgarde (Lenin), die Aufgabe an sich reißen, die Arbeiterinnen und Arbeiter zum Sozialismus zu erziehen.“ Sind die „arbeitenden Menschen“ zu dumm, zu ungebildet, zu verführt (oder mit falschen Urteilen über die Gesellschaft ausgerüstet), dass sie massenhaft für Frau Merkel oder Herrn Strache stimmen? Die ach so antielitäre Kritik an Aufklärung nimmt die Entscheidungen der Mehrheit für Markt und Staat, für Nation und Standort, Parlamentarismus und soziale Partnerschaft gar nicht ernst. „Selbstorganisiert“ ist immer die VoKü im besetzten Haus, aber nie der CDU-Ortsverein, obwohl auch dort Leute (ja, auch arbeitende) freiwillig eingetreten sind und meinen dort ihre Interessen besser durchsetzen zu können. Wenn Stefan Junker jetzt doch auf die Existenz von objektiven Interessen pochen würde, hat er sofort das Problem, dass es dann Menschen gibt, die solche auch erkennen und welche, die es nicht tun und damit wieder das Avantgarde-Problem am Hals. Tut er das nicht, dann muss er erklären, warum Selbstorganisation, die für ihn scheinbar ein Wert an sich ist, nicht im Falle des CDU-Ortsverbandes gilt. Der CDU-Ortsverband ist für Parlamentarismus? Das waren größere Teile der Räte in Deutschland und Russland — zumindest zeitweilig — auch!

Durch Geschichte geadelt?

Roman Danyluk kritisiert in seinem Artikel völlig zu Recht die Vorstellung, dass die Übernahme der Betriebe durch die Belegschaft automatisch zur Änderung der Produktionszwecke führt. Das Problem bei Danyluks Kritik ist, dass sie entmystifizierend und mystifizierend zugleich wirken will. Während Junker sich klar gegen Aufklärung wendet und in einem weiteren Text für die faktische Abschaffung der Wissenschaft plädiert, [13] will Danyluk zugleich gegen Geschichtsmythen ankämpfen und weiter die Räte hochhalten, dafür dass diese a) basisdemokratischer als Parlamente sind und b) bei jeder Revolte immer wieder spontan entstanden sind. [14] Bei allen Aufständen und Umbrüchen entstanden ad-hoc Koordinierungsorgane, aber ob diese auch in Friedenszeiten für die Verwaltung tauglich sind, ist nochmal eine andere Frage, die sich nicht einfach empirisch beantworten lässt. Fragwürdig ist allemal die Theorie, die Räte wären immer ureigene Produkte der Revolten. Der angeblich erste Sowjet von 1905 in Iwanowo entstand als die Unternehmer sich weigerten mit der Menschenmenge der Streikenden zu verhandeln und nach gewählten Delegierten verlangten. Der im gleichen Jahr (vermutlich früher als der von Iwanovo) entstandene Petersburger Sowjet entwickelte sich aus der so genannten „Schidlowskij-Kommission“, in der Regierungsbeamte, Unternehmer und gewählte Arbeitervertreter die Ursachen für „Arbeiterunzufriedenheit“ ermitteln sollten. Die Räte der Februarrevolution nahmen ihren Ursprung in von Unternehmern während der ersten Krieges eingerichteten „Militärisch-industriellen Komitees“. [15] Einige Autoren pochen darauf, dass die Idee der Räte noch von den Anarchisten im I. Internationale formuliert wurde — das torpediert wiederum die Argumentation, dass die Räte unmittelbar aus dem Kampf und nicht aus den Projekten der organisierten Agitatoren und Theoretiker entstanden. [16]

Auch die Geschichte der Fabrikkomitees in der Russischen Revolution ist durchaus bezeichnend. Als ihre dringendste Aufgabe sahen diese oft die Versorgung des eigenen Betriebs mit Rohstoffen — wofür die Vertreter der Belegschaft lange Reisen unternahmen, um Kontakte mit Fabrikräten der Zuliefererbetriebe aufzunehmen. Arbeiterparteien und Gewerkschaften beäugten dies mit Misstrauen und beschuldigten die Fabrikkomitees im Sinne der Unternehmer zu agieren. [17] Wie der Historiker Wladimir Buldakow feststellt, war das Agieren der Komitees keineswegs eine russische Spielart des Anarchosyndikalismus, sondern war auf eine enge Kooperation mit dem Staat, der die Betriebe vor Bankrott retten sollte, ausgerichtet. [18] Die Gewerkschaften sahen in den Fabrikkomitees oft Laufburschen der Unternehmer. Dennoch: Die Bolschewiki wussten die Fabrikkomitees gegenüber den, von den gemäßigten Sozialisten dominierten, Sowjets und Gewerkschaften seit dem Sommer 1917 in Stellung zu bringen. Doch auch nach dem Oktober waren Fabrikkomitees ein Dorn im Auge vieler Anhänger der Gewerkschaften nach westlichem Vorbild in den Reihen der Bolschewiki. Sie befürchteten — nicht völlig zu Unrecht -, dass der „Betriebsegoismus“ der Komitees jegliche Planung unmöglich machen wird. Die Frage nach dem Verhältnis von Arbeiterkontrolle und Staatskontrolle über die Wirtschaft wurde bis zum Sommer 1918 parteiintern kontrovers diskutiert. [19]

Es sollte nicht vergessen werden, dass Lenin nicht nur der Totengräber der Sowjets war, sondern als einer der Ersten seine Partei auf ihre Bedeutung hingewiesen hat. Entgegen vielen Einwänden seiner Genossen erhob er Streikorgane zu einem Dreh- und Angelpunkt der postrevolutionären Ordnung. [20] Auch die Gegenüberstellung von Parlamenten und Räten wurde gerade von Lenin und seiner Partei hervorgehoben. Explizit antiparlamentaristisch waren Rätestrukturen, deren Entwicklung in der Geschichte Junker und Danyluk nachverfolgen, eher selten. [21]

Der Sozialhistoriker Michail Feldman verweist auch auf die Entwicklung der Zusammensetzung der Sowjets während der Revolution. Selbst in industriellen Ballungsgebieten wie Ural waren die Exekutivkomitees von Berufsrevolutionären dominiert, die die meiste Lebenszeit im Untergrund, in Gefängnissen und in der Verbannung verbracht hatten, nur kurz in Arbeiterberufen beschäftigt waren und wenig Berührungspunkte zum Alltag im Gebiet, welches sie vertraten, hatten. [22]

Gleichzeitig betonten die Räte, sowohl in Russland, als auch in Deutschland ihren exklusiven Charakter. Das ist ein wichtiger Unterschied zu den heutigen Linken, die Räte für eine besonders inklusive Form der Demokratie halten. Räte haben sich gerade dadurch selbstlegitimiert, dass sie nur bestimmten Bevölkerungsgruppen Mitsprache einräumten. Dort, wo Räte explizit den Parlamenten entgegengesetzt wurden, wurden sie als Organe der Klassenherrschaft gesehen – was die Existenz der rechtlosen Minderheit implizierte. [23] Das hat recht wenig mit heutigen Schwärmereien der Linken über Herrschaft der „Betroffenen“ über sich selbst zu tun – „betroffen“ von einer Entscheidung über einen Betrieb sind sowohl der Besitzer, als auch die Belegschaft. Eine unscharfe Definition von „Basis“, „Betroffenen“ etc. eröffnet großes Konfliktpotenzial und macht jedes formalisierte Entscheidungsverfahren äußerst krisenanfällig.

Parlamente = korrupt?

Ein weiterer wichtiger Punkt aller linken Rätedebatten ist die Frage, was eigentlich die Rätebefürworter an den Parlamenten kritisieren. Wenn Roman Danyluk parlamentarische Demokratie „korrumpiert“ nennt, offenbart dies Probleme im anarchistischen Verständnis von Staat und Demokratie. Der Vorwurf der korrumpierten Mächtigen tut so, als würden sich die Politiker an etwas vergehen, was eigentlich gut sei. Wer von korrumpierten Herrschenden spricht, unterstellt, dass es eine Herrschaft zum Wohle der Untertanen gäbe, die nur nicht zu Stande käme, weil sich die Herrschenden an den eigentlich guten Aufgaben der Herrschaft versündigen. Wenn aber mal wieder im Interesse der Standortpflege Löhne sinken, Kündigungsschutz gelockert oder gegen Arbeitslose härter vorgegangen wird, dann ist dies nicht Ergebnis von Korruption oder Wahlbetrug. Genau das wurde auch im Wahlkampf „mitversprochen“, wenn davon die Rede war „unsere Wirtschaft stark“ oder „das Land konkurrenzfähig“ zu machen. Dagegen hilft auch kein imperatives Mandat. In der allgemeinen Konkurrenz, die es in der Marktwirtschaft nun mal gibt, muss eine Macht sozusagen „außerhalb der Gesellschaft“ das allgemeine Wohl verkörpern, dass es sonst nirgendwo gibt. Allgemeinwohl, auf das sich die Politik beruft, ist nie als Wohl jedes Einzelnen gemeint worden. Die Formulierung des jeweiligen allgemeinen Wohls liegt in der Hand der Regierung, die ja gerade nicht Interessen einzelner Konkurrenzteilnehmer bedienen soll. Der Begriff der Korruption sagt gerade, dass dies als Störung des normalen Betriebsablaufs gesehen wird und nicht als Prinzip von diesem.

Es gibt auch nichts Alberneres, als bei jeder Verletzung der eigenen Interessen aufzuschreien, es sei ja „undemokratisch“. Demokratie in jeder Form geht von einer Existenz des Interessenkonfliktes aus, sonst bräuchte es diese nicht. Demokratie gibt es damit nicht ohne Verlierer. Als Herrschaftsform jedoch ist auch jede Demokratie permanente Gewalt — bei einigen Formen ist der Ablauf reglementiert und die Anwendung an feste Regeln (in heutiger Form über die Verfassung) gebunden. Damit das eine ungemütliche Veranstaltung wird, braucht es nicht verdorbene Charaktere in der Herrschaft. Die Existenz der Herrschaft zeugt davon, dass die Interessen, das die Programme der Herrschenden offensichtlich nicht mit denen der Beherrschten deckungsgleich sind, sonst bräuchte es weder Herrschaft noch Regierung. Aber es sagt noch nichts über den Inhalt der Interessen. Die Tatsache, dass zum Beispiel die Bolschewiki diktatorisch regiert haben, besagt noch gar nichts über die Programme derjenigen, gegen die sich ihre Maßnahmen richteten. Diese müssen im Einzelnen untersucht werden. Das Argument, dass aus der Form kein Inhalt folge, also auch rätedemokratisch z.B. Pogrome beschlossen werden können, ist kein Argument gegen die Räte per se. Es ist ein Argument dagegen, Räte zu feiern, nur weil sie Räte sind. Also die Form losgelöst vom Inhalt zu bejubeln. Es ist ein Argument dafür, genau zu prüfen, was die Leute in ihren Räten organisieren wollen und gegebenenfalls auch etwas Selbstorganisiertes zu kritisieren.

[1Die Kaspische Flottille haben die Briten allerdings Anfang 1919 aufgelöst — die Matrosen haben lange gezögert, ob sie sich den Weißen unter General Denikin, den Roten in Astrachan oder der nationalen Regierung der Aserbaidschan anschließen. Siehe: Denikin, Anton. Očerki russkoj smuty. Minsk, 2002. S. 230-233.

[2Genis, Vladimir. Fedor Pavlovič Drugov. Voporsy istorii. Nr. 3. 2010. S.55-75.

[3Heller, Michail; Nekrich, Alexander. Geschichte der Sowjetunion. Bd.1: 1914-1939. Königstein, 1981. S. 82.

[5Faktisch dasselbe geschah bei der größten Arbeiteraufstand gegen Bolschewiki — Aufstand im Ischewsk im August 1918 an der Kama. Siehe: Čurakov, Dmitrij. „Tret’ja sila“ u vlasti: Iževsk, 1918 god. Voprosy istorii. Nr. 5. 2003. S. 30-45. Hier: S. 35.

[6fon Klemm, Wil’jam. Očerk revoljucionnych sobytij v russkoj Srednej Azii. Voprosy istorii. Nr. 1. 2005. S. 3-23.

[7Medvedev, Ivan.Mjatež kommisara Osipova: Kuda podevalos‘ sokrovišče Taškentskogo banka? Rodina. Nr. 3. 2002. S. 68-70.

[8LW 29, 302.

[9Schon im März 1918 beschloss VII. Parteitag der RKP(b) die Kompetenzen der Räte zu beschneiden, aber da die Bolschewiki das Einbüßen der Massenunterstützung für vorübergehend hielten, ließen sie wie Boris Semzow hinweist, in der ersten sowjetische Verfassung (von den Räten in Juli 1918 eingenommen) bereits in die Praxis verworfene Prinzipien festhalten. Siehe: Zemcov, Boris. Konstitucionnye osnovy bol’ščevistskoj vlasti (Pervaja sovetskaja Konstitucija 1918 g.). Rossijskaja istorija. Nr. 5. 2006. S. 65-74.

[10Die Ablehnung von „politischer Logik“ und „Machtpolitik“, die Junker und Danyluk um die Wette einfordern, ist in der Auseinandersetzung – und jeder Konflikt über die Verfassung der Gesellschaft ist ein solcher – schlicht nicht möglich. Das ablegen der Machtpolitik ist nur nach der Klärung der Machtverhältnisse machbar. Wer dies leugnet, läuft Gefahr Machtpolitik zu betreiben , ohne diese als solche zu erkennen – was nur eine besonders perfiden Autoritarismus hervorbringen kann.

[11Siehe: Graf, Jakob. Führung, Masse, wir und die? Edukationismus – ein Problem linker Politik. Grundrisse. Nr. 48. S.34-39.

[12Junker, Stefan. Die Eroberung der Demokratie. Grundrisse. Nr. 45. 2013. S. 15-24. Hier: S. 17.

[13„Die Menschheit wird sich dann nicht weiter irgendwelchen „ExpertInnen“, WissenschaftlerInnen, TechnikerInnen, MedizinerInnen, HistorikerInnen usw. ausliefern lassen. Unsere Gefühle und Empfindungen werden nicht mehr als Störungen unseres Arbeitsvermögens wahrgenommen, sondern als Bedingungen unseres Daseins. Möglicherweise wird sich ein Wissenschaftsverständnis entwickeln, das sich gegenüber unserem heutigen so abhebt, wie dieses vom Aberglauben des Mittelalters.“ Junker, Stefan. Die Eroberung der Demokratie. Grundrisse. Nr. 45. S. 15-24. Hier: S. 24.

[14Philosophische Argumente wie „Befreiung ist sowieso nur als permanenter (weltweiter) Prozess denkbar, die Emanzipation des Menschen wird nie abgeschlossen sein“ machen die Sache nicht besser. Wovon sollen die Menschen sich permanent emanzipieren? Ist Herrschaft eine anthropologische Konstante?

[15Ajrapetov, Oleg. Generaly, libaraly i predprenimateli: Rabota na front in a revoljuciju (1907-1917). M., 2003.; Holquist, Peter. Making War, Forging Revolution: Russia’s Continuum of Crisis, 1914–1921. Cambridge, 2002. S. 141-239.

[16Vassilev, Pano. L’idée des Soviets. Marseille, 1997.; Dam’e [Damier], Vadim. Stoletie sovetov i sovremennye rossijskie levye. Neprikosnovennyj zapas. Nr.6 (44). S. 28-38.

[17Čurakov, Dmitrij. Russkaja revoljucija i rabocee samoupravlenie. 1917. M., 1997.

[18Buldakov, Vladimir. Krasnaja smuta. Priroda i posledstvija revolucionnogo nasilija. M., 1997. S. 81-102.

[19In einigen Ländern des Ostblocks gab es anfänglich ebenfalls Reibungsverhältnis zwischen Arbeiterräten und Komitees (mit Fabrikkomitees in Russland und Betriebsräten in Deutschland vergleichbar) einerseits und den Gewerkschaften andererseits. Da die Gewerkschaften schneller unter Parteikontorolle gerieten, fiel die Entscheidung zu ihrem Gunsten aus. In Polen z.B. wurden die 1945 eingeführten Arbeitsräte bereits 1947 in die Gewerkschaften integriert. Siehe: Volobuev, Vladimir. Problemy rabočego samoupravlenija v obščestvenno-političeskoj sisteme PNR i rabočie vystuplenija 1956-1980 gg. Slavjanovedenie. Nr. 5. 2011. S. 26-39. In der Tschechoslowakei fand endgültige Verschmelzung von Fabrikräten und Gewerkschaft erst 1959 statt. Siehe: Heumos, Peter. Arbeitermacht im Staatssozialismus. Das Beispiel Tschechoslowakei 1968 . In: Ebbinghaus, Angelika (Hrsg.). Die letzte Chance? 1968 in Osteuropa. Hamburg, 2008. S.51-60.

[20Usyskin, Grigorij. V.I. Lenin v Peterburgskom Sovete rabočih deputatov. Voprosy istorii. Nr. 4. 1989. S. 20-36.

[21Siehe z.B.: Keller, Márkus. Hoffnung und Ignoranz. Die ungarischen Arbeiterräte in den wissenschaftlischen Diskurse. Deutschland Arvhiv. Nr. 6. 2006. S. 1048-1052.

[22Fel’dman, Michail. Bol’šaja tajna sovetskoj istorii (Istoriografija Sovetov v gody Graždanskoj vojny). Obščestvennye nauki i sovremennost‘. Nr. 5. 2013. S. 127-137.

[23In der Sowjetunion wurde allgemeines Wahlrecht erst mit der s.g. „Stalin-Verfassung“ von 1936 verankert.

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