Handbuch deutscher Rechtsextremismus
Den Kern des sich im Aufbau an seinem österreichischen Pendant orientierenden Handbuchs bildet ein 400-seitiges Lexikon neofaschistischer Personen (von Althans bis Zündel), Gruppierungen (von Aktion Freies Deutschland bis Wikingjugend) und deren Vorfeldorganisationen. Die Eintragungen sind weniger ausführlich als im österreichischen Handbuch, dafür nahezu vollständig, da unter anderem auch heidnische und christlich fundamentale Gruppen aufgenommen wurden. Erfreulich ist, daß auch nicht mehr aktive Organisationen verzeichnet sind. Den Autoren ist bewußt, daß deren Kenntnis für das Verständnis von Ideologie und Strukturen heutiger Neonazis und extremer Rechter notwendig ist.
Problematisch erscheinen mir die einleitenden Beiträge von Reinhard Kühnl zur Frage „Was ist Faschismus?“. Allzu einfach fügt sich da aus materialistischer Sicht eins ins andere. So führt Kühnl beispielsweise den Antisemitismus lediglich als ökonomische Sündenbocktheorie an, mit welcher sich der Widerspruch zwischen Faschismus als Extremform des Kapitalismus und der mit dem Faschismus einhergehenden antikapitalistischen Propaganda auflösen ließe. Diese Argumentation übersieht meines Erachtens nicht nur, daß die rationale Auflösung derartiger Widersprüche keineswegs zwingend ist, sie entspricht auch kaum dem aktuellen Stand der Antisemitismusforschung.
Im dritten Teil des Handbuchs werden in 22 Kurzbeiträgen sämtliche Teilaspekte des neuen Rechtsextremismus und Faschismus beleuchtet (Neue Rechte, militante Neonazis, Revanchismus, Skins, KameradInnen, Männerbündelei, Esoterik, Studentenverbindungen, wirtschaftspolitische Konzepte der extremen Rechten, Mailboxen, ...). Diese „Vertiefungen“ erweisen sich als sehr nützlicher Überblick.
Das vom Herausgeber verfolgte Ziel verdeutlicht das abschließende Verzeichnis antifaschistischer Initiativen. Eine CD-ROM-Ausgabe ist angekündigt. Noch sinnvoller wäre es, wenn der Verlag das Lexikon auf einem ftp- oder www-Server zur Verfügung stellte. Dies böte eine brauchbare Grundlage für eine antifaschistische Datenbank.
Jens Mecklenburg (Hg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Elefanten Press 1996, 1052 S.