Liebe Leserin, lieber Leser!
55.000 Schilling Publizistikförderung habe der Bundeskanzler letztes Jahr für die „nicht gerade putzige Gazette“ ZOOM beantragt, rüttelte Josef Nowak, ehemals Chefredakteur der apa, am 18. Jänner in einem „quergeschriebenen“ Kommentar die LeserInnen der Presse auf. Doch daß „schamlos — in einer Zeit, in der selbst auf Kosten sozial Bedürftiger gespart wird — publizistische Spielwiesen für rotgrüne Extremisten finanziert“ werden, konnte einmal mehr Andreas Khol verhindern. Auf Betreiben des ÖVP-Klubchefs wurden der ZOOM sowie der Zeitschrift Die Linke trotz positivem Beiratsbeschluß und trotz positivem Gutachen des Bundeskanzleramts keine Förderung zuerkannt.
TATblatt und akin hatte die ÖVP bereits im Beirat rausgeboxt. Begründung für die Nichtförderung gab die Bundesregierung keine, dafür — same procedure as every year — die ÖVP in einer parlamentarischen Anfrage (siehe http://vaz.mediaweb.at/pub98wilfing.html). Bundesrat Karl Wilfing und Kollegen machen sich gar nicht erst die Mühe, der ZOOM grobe Bosheiten nachzuweisen. Es reicht das Gutachten des Salzburger Völkerrechters Michael Geistlinger, der „meint, das Bundesheer agiere nicht neutral“, oder auch die „Aufstellung der Anzahl der Personen (...), die nach dem Wehrgesetz verurteilt wurden“ (auf Basis der Kriminalstatistik und Auskünften des Justizministeriums), um aus der ZOOM nach Ansicht der ÖVP-Bundesräte einen Fall für den Staatsanwalt zu machen. Besonders verwerflich: Ein Inserat der akin sowie mehrere von sozialdemokratischen bzw. grünen Parteiorganisationen. Der Wahlkampf ist eröffnet, am rotgrünen Schreckgespenst darf gebastelt werden.
Nun aber zur guten Nachricht: Wie bereits im Editorial der vorletzten Nummer berichtet, hat unsere Schwesterorganisation, die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, den UNHCR-Preis 1998 für ihre Arbeit erhalten. Aus gegebenen Anlaß beschreibt sie in einem Artikel unseren Leserinnen ihren Alltag.
Zwei nicht in der EU-Broschüre veröffentlichte Artikel holen wir hiermit nach: Der erste Artikel kommt von Beat Leuthardt, der sich immer wieder auf die Reise entlang der von der EU finanzierten Grenze zur Abschreckung von Flüchtlingen begibt und von dort Vorgänge berichtet, die in den hiesigen Medien einfach nicht vorkommen. Im zweiten Artikel befaßt sich Claudia Bonk mit der weiteren „Entwicklung“ der Entwicklungszusammenarbeit der EU.
Der Schwerpunkt dieser Ausgabe ist Mittelamerika gewidmet. Der angesehene Journalist Carlos Fazio beschreibt in seinem Bericht über Chiapas die Paramilitarisierung Mexicos, dem Modell Kolumbien folgend. Hinzu kommt ein Interview mit dem Soziologen Orlando Nunez, das wir übernehmen durften. Darin werden die verheerenden Folgen des Hurricans „Mitch“ für die Gesellschaft und den Staat in Nicaragua, die längst aus der Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit entschwunden sind, dargestellt und die Rolle der NGOs kritisch beleuchtet.
Weiters kritisiert Markus Kemmerling die schweigend geführte Nato- und Neutralitätsdebatte und stellt dazu das NOTO-Projekt von Christian Helbock als paradoxe Intervention vor.
Abschließend geht Fritz Molden in einem ausführlichen Brief an die ZOOM-Redaktion auf den Artikel von Professor Beer, der in ZOOM 5/98 erschienen ist, ein und stellt seine Sicht der Dinge als Zeitzeuge dar.
Wir hoffen, wieder eine informative Zeitschrift für unsere Leserinnen vorgelegt zu haben und verweisen, ohne damit etwas andeuten zu wollen, auf unsere Delivery & Payment-Abteilung.
Die ZOOM-Redaktion
im Januar 1999