MOZ, Nummer 42
Juni
1989

Über den Fußball kann man nur Positives sagen

Eine Begeisterung für den Fuballsport, so wie sie die richtigen Fans haben, die ihre Mannschaft anfeuern und sich freuen mit dem Sieg ihrer Mannschaft und leiden mit der Niederlage ihrer Mannschaft, diese Begeisterung kann doch nie Gewalt sein. Nur Leute, die dem Fußballsport nicht positiv gegenüberstehen, werden sagen, daß eine solche Begeisterung Gewalt beinhalten kann. Aber ich finde es wichtig beim Menschen, daß er begeisterungsfähig ist. Das ist doch unheimlich wichtig im Leben, nicht nur spezifisch für den Fußballsport. Daß es Idole gibt im Sport, Menschen, denen man nacheifern kann, Menschen, die man bewundert und die in einem friedlichen Wettstreit miteinander die Kräfte messen, das ist doch etwas Schönes. Ich sehe da keinen Funken Gewalt dabei.

Natürlich gibt es Gewalt, das wissen wir alle, daß es Rowdytum gibt, aber das sind für mich nicht Fußballanhänger. Das sind die, die sich in der anonymen Masse der Fußballanhänger verstecken und hier Unruhe säen mit Aggressionen, die mit Fußball nichts zu tun haben. Das ist nichts Fußballspezifisches. Nur die Überg’scheiten sagen dann: Die Fans, das sind die Bösen. So wie bei uns in Österreich die Rapidler oder in England die Manchester United Fans. Wenn man’s dann aber näher betrachtet, und ich kann das, denn ich kenne sehr viele von diesen Buben, dann sind es von hundert vielleicht fünf, die gar nicht dazugehören und die Gewalt säen.

Diese Aggressionen haben sicher mit anderen Faktoren zu tun. Wenn man zum Beispiel nach England schaut, hat das mit Arbeitslosigkeit zu tun, mit dem Nicht-Wohlstand dieser Leute, die kommen aus einem unteren Milieu. Das wissen wir, daß es das gibt. Aber das sind eben Dinge, die mit dem Fußball nichts zu tun haben. Wenn ich schaue, was sich beim Autofahren für eine Aggression aufbaut, dann brauche ich nicht über Fußballrowdies zu schimpfen. Aber ist das nicht traurig? Mir ist das auch schon passiert, aber ich versuche, mich zurückzuhalten.

Die richtigen Fanklubs, die es ja nicht bei jedem Verein gibt, finde ich äußerst positiv. Denn die beschäftigen sich mit echten Anliegen der Fans, also nicht damit, daß man die Anhänger der anderen Mannschaft „verdreschen“ soll. Bei den Fanklubs kommen die jungen Leute zusammen, fahren gemeinsam zu einem Auswärtsspiel, beschäftigen sich mit ihrer Mannschaft, begeistern sich an einem Sieg. Bei Austria Salzburg, wo ich jetzt spiele, gibt es einen großen Fanklub, die sind unheimlich anständig. Nicht aggressiv, sehr diszipliniert, auch nicht alkoholisiert. Der Alkohol ist ja sicher auch ein Problem, das zum Thema Arbeitslosigkeit passen würde.

Und ohne Fans geht’s nicht. Ein richtiger Fußballer braucht das volle Stadion genauso wie das Geld, das er als Profisportler verdient. Ich kann noch so viel Geld verdienen, wenn das Stadion nicht voll ist, wenn die Begeisterung der Zuschauer für die Spieler nicht da ist, kann man nicht diese Leistung bringen. Es ist erwiesen, daß man dort, wo ein volles Stadion ist, bessere Leistungen sieht. Die Leistung wird eben angehoben. In Italien gehen die meisten Spiele Null zu Null aus, trotzdem sind vierzig, fünfzigtausend Zuschauer, die begeistert und zufrieden nach Hause gehen. Spielt man bei uns Null zu Null vor zweitausend Leuten, dann gehen alle heim, sind wütend und böse auf die eigene Mannschaft. Das ist der Unterschied in den Massen. Wenn man, wie ich, in Barcelona spielt, Woche für Woche ungefähr vor hunderttausend Menschen, das ist das Größte für einen Fußballer. Das Geld, das man verdient, hat nicht den Status wie die Zuschauer. Das Publikum ist das natürliche Doping, das, das erlaubt ist, man fühlt sich dann doppelt so stark.

Natürlich muß man Vorkehrungen treffen, damit kein Unglück mehr passiert. In Brüssel zum Beispiel (wo 1985 beim Europacupfinale fast 50 Menschen starben) war das ein furchtbarer Fehler des Organisators. Italienische und englische Fans in denselben Sektor des Stadiums zu lassen, ist falsch. Oder Sheffield: Auch das war ein Fehler der Organisatoren. Man kann nicht Leute ins Stadion pressen, wenn es bereits voll ist. Die Sicherheit in den Stadien kann man verbessern. Auch die Aufrufe der Spieler, die zu Idolen zählen und an die Vernunft der Fans appellieren, finde ich gut.

Sicher wären auch soziale Maßnahmen wichtig, um zu verhindern, daß immer mehr Jugendliche aus der Gesellschaft herausfallen. Aber das hat mit Fußball nichts zu tun, das ist ein allgemeines Problem. Klar, man soll schauen, daß alle Jugendlichen eine „Hackn“ (Arbeit) haben, denn da gibt es Probleme. Die Herren Politiker müßten sich da ein bissel mehr überlegen.

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